Editorial
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Thema „familienorientierte Suchtarbeit“ ist nicht neu. Vielzählige Projekte und Maßnahmen in Einrichtungen der Suchthilfe zielten und zielen auf eine Optimierung der Hilfen für Menschen mit Elternverantwortung ab, denn, wie bereits in den 2003 abgestimmten 10 Eckpunkten zur Verbesserung der Situation von Kindern aus suchtbelasteten Familien[1] formuliert, wollen auch Suchtkranke gute Eltern sein. Hierfür benötigen sie Ermutigung und Unterstützung, weil, wer suchtkrank ist, seiner Verantwortung als Mutter oder Vater nicht immer gerecht werden kann.
Die Implementierung einer familienorientierten Beratung und der Aufbau eines suchtkranke Eltern unterstützenden Hilfesystems stellt die Politik, Kommunalverwaltungen, Fachverbände und -einrichtungen vor besondere Herausforderungen. Eltern mit Suchtstörungen haben meist hohe Hemmschwellen im Zugang zur Hilfe zu überwinden. Aus Scham- und/oder Schuldgefühlen sowie der Angst vor Eingriffen in ihr Elternrecht, werden die Kinder in Beratungs-/Behandlungssituationen der Suchthilfe meist „ausgeklammert“, so wie in anderen Kontexten - z. B. Jugendamt, Erziehungshilfen - Suchtproblematiken verschwiegen werden. Neben der für eine effektive familienorientierte Suchtarbeit erforderlichen Vernetzung verschiedener professioneller Disziplinen, muss sich die Unterstützung suchtranker Eltern daher vor allem auf das Überwinden der individuellen Hemmschwellen konzentrieren und betroffenen Familien die Möglichkeiten der Sucht- und angrenzender Hilfen aufzeigen.
Dem GVS ist das Thema „familienorientierte Suchtarbeit“ seit mehr als 10 Jahren eine Herzensangelegenheit, die immer wieder aufgegriffen und durch verschiedene, aufeinander aufbauende Projekte fortgeschrieben wurde. So freuen wir uns, Ihnen in der vorliegenden Ausgabe von Partnerschaftlich, neben einem Bericht zum aktuellen Projekt „Familienorientierte Suchtarbeit zur Stärkung elterlicher Kompetenz“, Beiträge von sachkundigen Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Settings und mit individueller Schwerpunktsetzung als Lektüre bieten zu können. Mögen Ihnen diese als Anregung zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema dienen und Impulse für die Arbeit setzen.
Herzliche Frühlingsgrüße und bleiben Sie gesund.
Stefanie Onstein
Referentin für das Projekt "Familienorientierte Suchtarbeit zur Stärkung elterlicher Kompetenz"
[1] 10 Eckpunkte zur Verbesserung der Situation von Kindern aus suchtbelasteten Familien.
Vereinbart auf der Fachtagung „Familiengeheimnisse – Wenn Eltern suchtkrank sind und die Kinder leiden“,
04. und 05. Dezember 2003 im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, Berlin.